klüngelskerl

Wer kennt sie nicht, die Melodie, die ertönt, wenn Schrotthändler mit älteren Lieferwagen durch das Dorf fahren? Dann hört man schon von Ferne immer eine bestimmte Melodie, die als Klüngelskerl-Melodie bezeichnet wird und landbekannt ist. Gerade die letzten Tage hörte ich die Wagen fast täglich. Vornehmlich in Nordrhein-Westfalen wird ein fahrender Schrotthändler als Klüngelskerl bezeichnet.

Wer die Melodie komponierte, ist unklar. Da die Händler bisweilen sehr häufig durch die Ortschaften kurven, werden sie lokal als Plage empfunden und mancherorts Verbote ausgesprochen. Der Schrotthändler braucht einen Gewerbeschein und eine Betriebserlaubnis für seinen Lautsprecher. Verschiedene Zeitungsberichte geben darüber Auskunft.

Um der Melodie einen klanglich metallenen Anstrich zu verleihen, habe ich die Melodie mit rhythmisierten Samples der Schülerkomposition „metal dreams“ unterlegt, die 1994 den ersten Preis des Kompositionswettbewerbs zu Neuer Musik „ear sinn“ des Hessischen Rundfunks in Zusammenarbeit mit der DAK in der Kategorie Kompostion gewonnen hatte. Damals zogen wir zu einem Schrottplatz aus und fertigten aus den mitgebrachten Metallteilen verschiedenste Instrumente. Aus Aufnahmen der erzeugten Klänge arrangierten wir in einem der ersten Sampler der Marke Akai S612, die im Heimbereich erschwinglich waren, unser Teilnahmestück.

klüngelskerl


Hier die ursprüngliche Komposition „metal dreams“.

metal dreams


Das Beitragsbild zeigt einen Klüngelskerl-Lieferwagen, wie er bei uns im Sommer zu sehen und zu hören war.

the last speculoos

Es gibt immer diesen einen bestimmten Tag im Jahr, der bis zur Vorweihnachtszeit eine betrübliche Zensur hinterlässt. Ich lege mir einen ordentlichen Vorrat an Spekulatius einer ganz speziellen Sorte an, der dann natürlich irgendwann verbraucht ist. Der Tag definiert sich durch den Verzehr des letzten verfügbaren Spekulatius und löst bei mir eine betrübliche Stimmung aus. Die Komposition dieses Beitrags drückt diese Stimmung in Ansätzen aus.

Das Stück bringt eine kleine minimalistische Klavierkomposition in zwei Varianten. Einmal der reine Klavierklang und die zweite Version hat noch eine sogenannte Soundscape bzw. Ambient-Spur dazu gemischt, wodurch die Musik auf einmal in einer Yoga & Mediation Playlist auftauchen könnte. Wenn es um den reinen Klavierklang geht, dann wäre dies ein klassisches Instrumentalstück. Mische ich Ambient Klänge dazu, dann verwandelt sich das ganze in etwas Meditatives und es wird sozusagen funktionale Gebrauchsmusik. Ähnliche Überlegungen wurden schon in dem Beitrag water therapy vorgebracht. Wo bei wir bei der Frage währen, was denn die Einteilung in sogenannte Ernste-Musik und Unterhaltungs-Musik rechtfertigt, die die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), vornimmt. Man könnte sagen, dies ist eine dämliche Einteilung. Wirtschaftlich ist dies aber von großer Bedeutung für die KomponistInnen, denn für ernste Musik bekommt der Künstler viel mehr Ausschüttung, als für Unterhaltungsmusik. Einerseits würde eine Aufführung einer ernsten Komposition z.B. im Radio eine größere Ausschüttung nach sich ziehen, andererseits wird ernste Musik viel weniger als Unterhaltungsmusik im Radio gespielt.

Das Stück „the last speculoos“ basiert auf einer simplen Akkordfolge, die Jonny May in einer seiner Klavier Instruktionen vorgeschlagen hat. Interessanterweise kategorisiert er die Akkordfolge der Tonart C zugehörig und beziffert die Akkordfolge basierend auf dem Dreiklang C in sogenannter Stufenschreibweise. Dabei würde der Gm Dreiklang auf der V Stufe in C Dur normalerweise gar nicht auftauchen, ganz zu schweigen von einem Bb Dreiklang. Hier müsste man schon etwas mehr ausholen, um die Verwandtschaft dieser Klänge in Beziehung zu der Tonart C Dur zu setzen. Die Jazzer bezeichnen so etwas als modal interchange. Bezieht man allerdings die Klänge auf die Tonart F Dur, ergibt sich eine übliche Zuordnung zu den Stufen der Tonart.

the last speculoos (classic edit)

the last speculoos (yoga edit)


Das Beitragsbild zeigt wahrhaftig den letzten von mir mit Genuss verspeisten Spekulatius dieses Winters, allerdings ins All befördert …

chipstuned

Kartoffelchips sind die beliebtesten salzigen Knabberartikel der Deutschen. Im Jahr 2021 wurden ca. 125.000 Tonnen Chips produziert. Im Durchschnitt werden ca. 900g Knabberartikel pro Kopf der Bevölkerung konsumiert, dies wären dann fast fünf Tüten Chips im Jahr. Klingt erstmal wenig. Da man aber bedenken muss, dass manche gar keine Chips zu sich nehmen, sieht die Statistik für einzelne Personen schon wieder ganz anders aus.

Der Titel des heutigen Beitrages ist ein kleines Wortspiel: Aus „chiptune“ wurde „chipstuned“. Chiptune steht ja bekanntermaßen für eine Musikrichtung, ein Genre, welches 8-bit Klänge älterer Spielhöllenautomaten und längst totgeglaubter Heimcomputer als Klangideal verwendet. Chiptune Musik hat weltweit eine große Fangemeinde vor allen Dingen in Japan und USA sowie in der Gamer-Szene. Ich möchte an dieser Stelle gerne an meinen ersten Ausflug zu diesem Genre erinnern: little chiptune.

Das Stück chipstuned bedient sich solcher Klänge und erinnert auch an die oben angesprochene Musikszene. Geholfen hat mir dabei der neue Bassline Generator meiner Musiksoftware reasonstudio, mit dem man spielerisch schnell zu bestimmten Effekten und Linien kommt. Fehlen darf auch nicht der Klang von gerade verzehrten Chips, der hier als Intro und Outro dient. Ganze Sounddesigner-Mannschaften werden von großen Lebensmittelfirmen beauftragt, den passenden Klang beim Öffnen von Chipspackungen und beim Verzehren von Chips zu erzeugen. Dazu gibt es einen schönen Beitrag vom Deutschlandfunk Nova.

chipstuned


Passend zum Thema heute ein paar Kartoffelchips drapiert auf einem Keyboard.

indian horns

Neulich bin ich in der SZ-Rubrik Bester Dinge auf einen bemerkenswerten Artikel gestoßen. Der indische Verkehrsminister hat verkündet, dass die Autohupen in seinem Land mit Klängen indischer Instrumente ersetzt werden sollen. Dies würde das Klangbild indischer Großstätte erheblich verändern. Bekannterweise wird in asiatischen Ländern erheblich mehr gehupt, als es bei uns üblich ist.

Ganz abwegig ist dieser Gadankie wirklich nicht. Namhafte europäische Autohersteller sind aktuell dabei ihre soundbrandings der wachsenden Elektroautoflotten auditiv völlig neu aufzustellen. BMW hat sich dabei sogar die kompetente Unterstützung eines Hans Zimmer eingekauft, der mit vollem Einsatz an dieser Idee mitarbeitet.

Ich biete heute zwei Soundscapes im Vergleich an. Das erste Stück lässt eine Zufallswahl von Hupenklängen diverser Autos über einer Verkehrstextur erklingen. Beim zweiten Soundscape werden die Hupenklänge von Klängen indischer Instrumente ersetzt. Vielleicht erhält man eine Idee der Vision des indischen Verkehrsministers.

indian horns (horn version)

indian horns (instrument version)


Das Beitragsbild ist eine verfremdete Aufnahme von verschiedenen Spielzeugsautos mit einem Hintergrund eines Straßenspielteppichs. Leider war ich noch nie in Indien und hatte noch keine Gelegenheit, dort den Verkehr zu fotografieren.